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Führt der nicht mehr bindende Finanzierungsvertrag zur Neuausrichtung von Stuttgart 21?
25. März 2019
Das jetzt vorliegende Rechtsgutachten von Professor Dr. Urs Kramer, Universität Passau, kommt zu folgendem Ergebnis: Im Finanzierungsvertrag zwischen den Projektpartnern - der Deutschen Bahn AG, dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Stuttgart, dem Verband Region Stuttgart und der Flughafen Stuttgart GmbH - führt die Überschreitung der festgelegten Kostenobergrenze von 4,526 Milliarden Euro bewusst nur zur „Sprechklausel“. Weil indessen die Gespräche zur Neuregelung der Finanzierung für das gemeinsame Projekt gescheitert sind, haben sich die Pflichten zur Förderung und Vollendung von S21 erledigt. Das bedeutet: Die Bahn schuldet den Projektpartnern im Falle des Ausstiegs aus S21 keine sieben Milliarden Euro Schadensersatz, denn sie verhält sich damit vertrags- und gesetzeskonform. Weitere Leistungen der mit derzeit 20 Milliarden Euro verschuldeten DB AG in das Projekt S21 sind nicht erzwingbar und geschehen auf deren eigenes Risiko. Die Bahn kann umgekehrt durch ihre Klage auch keine Mehrkosten auf die Projektpartner abwälzen.
Der Schlüssel zur Lösung des Konflikts liegt darin, dass die „Sprechklausel“ eine neue, bisher versäumte Flexibilität eröffnet: Da keiner der Vertragspartner das Großprojekt als Bauruine wünschen kann und die DB AG als Vorhabenträgerin benötigt wird, ist es dringend geboten, das Bauprojekt anhand sinnvoller Alternativen neu zu bestimmen: Der Umstieg von S21 ist rechtens, kann also keine Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe begründen, und er wird wirtschaftlicher sein als die Fortführung des Projekts bis zum Ende; genau dies haben die Sachverständigen VIEREGG-RÖSSLER berechnet. Zur Stärkung des Schienenverkehrs zählt es, keine klimaschädliche Verkleinerung des Bahnhofs in der Metropolregion und keine Störanfälligkeit durch 17 km Tunnel im stets quellfähigen Anhydrit zuzulassen. Ebenso unerlässlich ist es, Gefahren für Leib und Leben der Bahnreisenden durch ungenügenden Brandschutz und zu hohes Gleis - und Bahnsteiggefälle zu vermeiden.
Das Aktionsbündnis gegen S21 legt Wert darauf, dass das Rechtsgutachten von Professor Urs Kramer kein „Parteigutachten“ ist, sondern nach unabhängigen wissenschaftlichen Standards erstellt wurde. Im Ergebnis stützt es die Rechtsauffassung der Projektpartner der Bahn, wonach die „Sprechklausel“ des Finanzierungsvertrags keine „Zahlklausel“ bedeutet, verschafft aber auch der DB AG Handlungsspielräume, den Prozess gegen die Projektpartner um die Abwälzung von Milliarden Mehrkosten zu beenden und sinnvolle Alternativszenarien zu S21 anzugehen. Das Aktionsbündnis, das zu Einzelfragen der Projektgestaltung bereits mit Vertretern der DB AG im Gespräch ist, hat die Vertragspartner durch Schreiben vom 25. März 2019 mit Bezug auf das neue Gutachten ersucht, sich bis Ende April 2019 auf den beschriebenen konstruktiven Weg einzulassen.
Dr. jur. Eisenhart v. Loeper
RA & Bündnissprecher
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