2019-03-26 – Rechtsgutachten des unabhängigen Experten Prof. Dr. Urs Kramer, Universität Passau

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  • Erstellt am 25. März 2019

Professor Dr. Urs Kramer, Lehrprofessur für Öffentliches Recht an der Universität Passau hat am 21. März 2019 folgendes Rechtsgutachten veröffentlicht

Rechtsgutachten

A. Sachverhalt

I. Ausgangslage

Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) der Deutschen Bahn AG (DB AG), diese selbst, das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart sowie die Flughafen Stuttgart GmbH haben am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag (im Folgenden: FinVe) geschlossen. In § 3 Abs. 1 S. 1 FinVe ist festgehalten, dass die Durchführung und die Finanzierung des Projektes „Stuttgart 21“ Gegenstand des Vertrages sind; in § 4 S. 1 FinVe wird konkretisiert, dass die EIU Träger des zu realisierenden Projektes sind. Ebenfalls im Vertrag wurde einschließlich des einkalkulierten Risikopuffers ein finanzieller Rahmen für das Vorhaben von 4,526 Mrd. € fixiert.

II. Wegfall der Wirtschaftlichkeit und Scheitern der so genannten „Sprechklausel“

Dieser finanzielle Rahmen wurde jedoch nicht eingehalten; zu erwarten sind nun vielmehr Kosten für das Projekt „Stuttgart 21“ in Höhe von 8,2 Mrd. €.1 Für den Fall, dass die zu erwartenden Gesamtkosten bereits vor dem 31.12.2009 den im Vertrag festgesetzten Betrag überschreiten, sieht § 2 Abs. 2 S. 3 FinVe die Aufnahme von Verhandlungen und, wenn diese erfolglos sind, den qualifizierten Abschluss des Projektes (die Bedeutung des Begriffes „qualifizierter Abschluss“ wird in § 2 Abs. 2 S. 5 – 8 FinVe erläutert) vor. Die den finanziellen Rahmen übersteigenden Kosten waren zwar möglicherweise für die DB AG,2 nicht jedoch für die anderen Vertragspartner vor dem 31.12.2009 erkennbar; zudem berief sich keine der Vertragsparteien auf § 2 Abs. 2 FinVe,, weswegen die Regelung des § 2 Abs. 2 FinVe im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Für den Fall, dass der gesetzte finanzielle Rahmen nach dem 31.12.2009 überschritten wird, wurde in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vereinbart, dass die EIU und das Land Baden-Württemberg3 Gespräche aufnehmen (so genannte „Sprechklausel“). § 2 Abs. 2 FinVe soll laut § 8 Abs. 4 S. 2 FinVe dann gerade keine Anwendung finden.

Diese in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehenen Gespräche sind jedoch ergebnislos verlaufen, so dass die Vertragsparteien sich seit Ende 2016 als Prozessgegner vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 13 K 9542/16) gegenüberstehen, vor dem die DB AG am 23.12.2016 das Land, die Stadt, den Verband Region Stuttgart und die Flughafen GmbH auf anteilige Übernahme der Mehrkosten über dem „Risikotopf“ verklagt hat.4 Im Vertrag nicht geregelt ist, was die Folge der Ergebnislosigkeit dieser Gespräche ist. Grundsätzlich ist damit unklar, wie es rechtlich zu bewerten ist, dass das Finanzierungskonzept, das dem Vertrag zu Grunde liegt, sich als endgültig nicht tragfähig erweist, im Vertrag jedoch nicht festgelegt wurde, was in diesem Fall geschehen soll. Die „Sprechklausel“ ist dabei als ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, welche Bedeutung die Parteien der gemeinsamen Finanzierung des Vorhabens zugemessen haben, im Gesamtkontext zu betrachten.

III. Einordnen der „Sprechklausel“ als vertragliches Regelungsinstrument

Der im Kontext des Finanzierungsvertrages verwendete Begriff der „Sprechklausel“ ist kein solcher mit legal definiertem Inhalt. Stattdessen lässt er eine gewisse Deutungsfreiheit zu, die aber sinnvoll mit Hilfe der Vertragsauslegung genutzt werden muss. Wird also in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe angeordnet, dass im Fall weiterer Kostensteigerungen die EIU und das Land Gespräche aufnehmen, muss erst ermittelt werden, was genau diese Verpflichtung umfasst.

Zum einen kann eine „Sprechklausel“ den bloßen regelmäßigen Meinungs- und Informationsaustausch anordnen. Insbesondere bei Bauvorhaben kann ein solcher Mechanismus sinnvoll sein, um drohende Dissense frühzeitig zu erkennen. Deren Vermeidung oder Lösung ordnet eine solche „Sprechklausel“ jedoch nicht an. Sie sind dann vielmehr in darüber hinausgehende Konsensfindungsprozesse ausgelagert.5

Im Gegensatz zu dieser „einfachen“ ordnet die „echte Sprechklausel“ einen „erzwingbaren Appell zum Dialog“6 an. Hierin liegt jedoch kein einklagbarer Anspruch auf einen Konsensschluss.7 Ein solcher kann lediglich konstruiert werden, wenn in der Klausel das Anpassungsziel und die für den Konsensschluss anzuwendenden Kriterien hinreichend konkretisiert sind. Bleibt das jedoch offen, stehen unterschiedliche und mannigfaltige Konsensschlüsse im Raum. Es bleibt daher in diesen Fällen bei der Verpflichtung, sich (lediglich) um irgendeinen Konsensschluss zu bemühen. Die in einer „Sprechklausel“ begründeten Pflichten sind dann auch erfüllt, wenn trotz ernsthaften Bemühens keine Einigung erzielt werden konnte.8

Die in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe gewählte Formulierung lässt zwar offen, auf welche Weise die angeordneten Gespräche zu einem ebenso nicht näher ausgeführten Konsens führen sollen; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass hierin nicht lediglich der einem Konsensfindungsprozess vorgelagerte Meinungs- und Informationsaustausch liegt. Schließlich ersetzt § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe gemäß seinem S. 2 den in § 2 Abs. 2 S. 4–8 FinVe normierten qualifizierten Abschluss des Projektes nach Verhandlungen der Vertragsparteien im Fall des Scheiterns des Projektes vor dem 31.12.2009. Die „Verhandlungen“ i. S. des § 2 Abs. 2 und die „Gespräche“ i. S. des § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe müssen daher qualitativ gleichwertig sein. Andernfalls wäre der ausdrückliche Ausschluss in § 8 Abs. 4 S. 2 FinVe überflüssig, scheitert doch die Anwendung des § 2 Abs. 2 FinVe auf das fortgeschrittene Projektstadium in § 8 FinVe, d. h. der qualifizierte Abschluss des Projektes nach dem 31.12.2009, eben an dem bereits eingetretenen Fristablauf zum Ende des Jahres 2009. Ein bloßer Informations- oder Meinungsaustausch entspricht daher weder der Tragweite der Verhandlungen in § 2 Abs. 2 S. 3 FinVe noch der Gespräche in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe.

Bei den in § 8 Abs. 4 FinVe begründeten Pflichten handelt es sich somit um eine nicht nur einfache, sondern echte und offene „Sprechklausel“, die schon durch das redliche Bemühen um einen Konsensschluss erfüllt werden kann.

Unklar ist dann allerdings, wie die Situation nach gescheiterten Gesprächen rechtlich aufzufangen ist. Dazu werden in der einschlägigen Literatur verschiedene Ansichten vertreten.9

Zum einen wird ein Sonderkündigungsrecht der Vertragsparteien vorgeschlagen. Das soll verhindern, dass sich die Vertragsparteien an die zuständigen Gerichte wenden, da für sie die Materie zu komplex sei. Deutschen Gerichten nicht zuzutrauen, solche Konfliktfälle lösen zu können, erscheint aber fast schon töricht. Ebenso verlangt das Ausbleiben einer Einigung im Fall einer echten offenen „Sprechklausel“ gerade eine Entscheidung im Einzelfall, die genuin (auch) von Gerichten geleistet wird.

Weiter wird eine einseitige Anpassung des Vertrages i. S. des § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)10 befürwortet. Echte „Sprechklauseln“ wie auch die in § 8 Abs. 4 FinVe vereinbarte zielen jedoch auf einen Konsensschluss ab, d. h. auf eine vom Beitrag aller Parteien gekennzeichnete Entscheidungsfindung. Die Vorgehensweise nach § 315 BGB ist hingegen angezeigt, wenn gerade keine „Sprechklausel“ vereinbart wurde, sondern jeder der Parteien das Recht eingeräumt wird, in regelmäßigen Zeitabständen eine Änderung des Vertrages zu verlangen, welche die Gegenseite nur annehmen oder ablehnen kann. Wird in solchen Fällen keine Einigung erzielt, die dargestellte Forderung also abgelehnt, erscheint eine Anwendung des § 315 BGB, nicht nur durch die betroffene Vertragspartei, sondern insbesondere durch das angerufene Gericht, als gerechtfertigt.11

Letztendlich überzeugt, dass im Fall des Scheiterns einer „Sprechklausel“, d. h. im Fall des Ausbleibens einer Einigung, den Parteien grundsätzlich keine Vertragsanpassungs- oder Beendigungsrechte zustehen.12 Dass das auch im vorliegend zu untersuchenden Fall zutrifft, welche rechtlichen Überlegungen der Annahme dieser Rechtsfolge vorausgehen und welche ihr weiter nachfolgen, soll im weiteren Verlauf des Gutachtens geklärt werden.

IV. Mögliche Verpflichtung der DB AG zur Vollendung des Projektes

Während im laufenden verwaltungsgerichtlichen Prozess (s. oben eingangs von III.) geklärt werden soll, ob die Projektpartner dazu verpflichtet werden können, sich an den Mehrkosten zu beteiligen (also implizit davon ausgegangen wird, dass das Projekt weiterverfolgt und vollendet werden soll), liegt der Fokus dieses Gutachtens auf der Frage, ob die Parteien, insbesondere die DB AG und ihre EIU (im Folgenden als „DB AG“ bezeichnet) als Trägerin(nen) des Projektes, rechtlich (noch) daran gebunden sind, das Projekt überhaupt zu vollenden, oder ob auch Alternativszenarien in rechtlich zulässiger Weise verfolgt werden könnten. Diesen Fragen soll im Folgenden aus verschiedenen Perspektiven nachgegangen werden. Zunächst ist dabei zu klären, ob eine Verpflichtung der DB AG, das Projekt trotz dieser veränderten Umstände zu vollenden, (noch) aus dem Finanzierungsvertrag hergeleitet werden kann (B.). Sodann wird untersucht, ob, selbst wenn der Vertrag nicht (mehr) geeignet sein sollte, die DB AG zu verpflichten, eine solche Pflicht aus dem öffentlichen (Eisenbahn-)Recht (C.), dem Haushaltsrecht (D.) oder aus dem Aktienrecht (E.) folgen könnte. Schließlich wird kurz auf etwaige Schadensersatzansprüche gegen die DB AG im Fall der Nichtvollendung des Projektes (eventuell auch als zumindest wirtschaftliche Gründe für eine Fortführung des Projektes) eingegangen (F.).13

B. Verpflichtungen aus dem Finanzierungsvertrag selbst

Eine Verpflichtung der DB AG zur Vollendung des Projektes könnte sich aus dem Finanzierungsvertrag ergeben. Dieser Frage wird nun in mehreren Schritten nachgegangen. Zunächst wird dabei der Vertrag ausgelegt und geprüft, ob er bereits selbst die hier in Rede stehende Situation regelt, nämlich entweder dahingehend, dass die DB AG das Projekt in jedem Fall fertigstellen muss (I.), oder dahingehend, dass er aus sich heraus einen Anspruch gegen die anderen Vertragsparteien auf die gemeinsame Kostentragung begründet (II.). Sodann wird untersucht, ob durch die neue tatsächliche Situation die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich geworden ist (III.) oder ob sie ein Zurückbehaltungsrecht und gegebenenfalls ein gesetzliches Rücktrittsrecht begründet (IV.). Schließlich wird für den Fall, dass der Vertrag in seiner momentanen Fassung nicht geeignet ist, die Situation zu regeln, geprüft, ob ein so genannter Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegt (V.).

I. Vertragsauslegung mit dem Ergebnis einer „Vollendungspflicht“ der DB AG

Eine Pflicht der DB AG zur Vollendung des Projektes könnte sich schon aus dem Finanzierungsvertrag im Wege (ergänzender) Vertragsauslegung ergeben. Untersucht wird also, ob bereits im Vertrag selbst geregelt wurde, was in der aktuellen Situation, also nach dem Scheitern einer gemeinsamen Finanzierung auf der Basis der bisherigen Annahmen zu den Kosten, geschehen solle. Entscheidend für die bei der Vertragsauslegung heranzuziehenden Vorschriften ist zunächst die Einordnung des Vertrages als öffentlich-rechtlicher oder privat-rechtlicher Vertrag.

1. Gemäß § 54 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg (VwVfG BW)14 setzt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag die Begründung, Änderung oder Aufhebung eines Rechtsverhältnisses auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts voraus. Um ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts handelt es sich dann, wenn entweder der Vertragsgegenstand oder der Vertragsinhalt dem Öffentlichen Recht zuzuordnen sind,15 wobei allein die Beteiligung eines Hoheitsträgers nicht zwingend zur Einordnung als öffentlich-rechtlicher Vertrag führt.16 Vielmehr muss der Vertrag eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung oder Berechtigung zum Gegenstand haben.17 Gegenstand des Vertrages ist hier die Durchführung und Finanzierung des Projektes der Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart (vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 und § 1 Abs. 1 FinVe).

Durch eine erfolgreiche Durchführung des Projektes würden mehrere Grundstücke mit der Folge des § 23 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)18 von Bahnbetriebszwecken freigestellt, dass sie nicht mehr gemäß § 38 S. 1 Baugesetzbuch (BauGB)19 dem Fachplanungsrecht, sondern vielmehr der Planungshoheit der Landeshauptstadt Stuttgart unterfielen. Die Ausübung der Planungshoheit stellt als Ausfluss ihrer in Art. 28 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG)20 garantierten Eigenverantwortlichkeit21 eine öffentliche Aufgabe der jeweiligen Gemeinde dar. Hinsichtlich des Landes Baden-Württemberg scheidet zwar ein Rückgriff auf den Gewährleistungsauftrag nach Art. 87e Abs. 4 GG aus, der sich nach seinem eindeutigen Wortlaut nur an den Bund richtet; jedoch verfolgt das Land mit der Durchführung des Projektes die Förderung der Infrastruktur und damit ebenfalls eine öffentliche Aufgabe, wie Art. 3a Abs. 2 Verfassung des Landes Baden-Württemberg (VBW)22 zeigt. Somit liegt ein öffentlich-rechtlicher Vertragsgegenstand vor, so dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i. S. des § 54 S. 1 VwVfG BW zu bejahen ist.

2. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sind durch Vertragsauslegung laut § 62 S. 2 VwVfG BW i. V. mit §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Im vorliegenden Fall ergibt sich grundsätzlich, also ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass das Finanzierungskonzept möglicherweise gescheitert ist, eine vertragliche Verpflichtung der EIU zur Durchführung des Projektes aus § 3 Abs. 1, 2 sowie § 4 FinVe. Konsequenz eines Projektabbruches wäre in diesem Fall eine drohende Schadensersatzpflicht der DB AG gegenüber ihren Partnern. Zu klären ist nun jedoch, wie es sich auf die Durchführungspflicht der §§ 3 Abs. 1, 4 FinVe auswirkt, dass sich das Projekt nicht wie geplant zu den vorgesehenen Kosten gemeinsam finanzieren lässt.

Hierfür soll zunächst systematisiert werden, für welche Fälle im Vertrag explizit Regelungen getroffen wurden. Eine grundsätzliche Pflicht zur Realisierung des Projektes ergibt sich (mit der DB AG als Projektträgerin) aus §§ 3 Abs. 1, 2 und 4 FinVe. Die Pflicht zur Kostentragung (durch alle Partner) in der Höhe der Kosten, die zunächst veranschlagt wurden, ist in den §§ 3 Abs. 1, 5, 6 FinVe festgehalten. Ferner wurde der Fall bedacht, dass es zu Mehrkosten kommt, und dafür die Pflicht zur Kostentragung bis zu einer gewissen Grenze (Puffer) vereinbart, wie § 8 Abs. 3 FinVe belegt.

Die für die hier vorliegende Situation, dass die Kosten nach dem 31.12.2009 die Pufferbeiträge übersteigen, vorgesehene Vorschrift des § 8 Abs. 4 FinVe, namentlich die bereits unter Punkt A.III. eingeführte so genannte „Sprechklausel“, sieht als Rechtsfolge lediglich die Aufnahme von Gesprächen durch die Vertragsparteien sowie den Ausschluss des § 2 Abs. 2 FinVe (dazu s. oben A. II. und A. III.) vor.

3. Der Finanzierungsvertrag enthält somit keine ausdrückliche Regelung für den Fall des Scheiterns der in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehenen Gespräche. Daher ist auf eine ergänzende Vertragsauslegung zurückzugreifen.2 3

a. Möglichkeit 1: Pflicht zu einem qualifizierten Abschluss des Projektes

Zunächst könnte sich aus der Auslegung des Vertrages eine Pflicht zu einem qualifizierten Abschluss, so wie er in § 2 Abs. 2 S. 4–8 FinVe vorgesehen ist, ergeben. Dagegen spricht jedoch entscheidend, dass § 8 Abs. 4 S. 2 FinVe den § 2 Abs. 2 FinVe gerade für den hier vorliegenden Fall, dass die Kosten nach dem 31.12.2009 die Pufferbeiträge übersteigen, ausschließt. Somit ist auch eine solche Auslegung des Finanzierungsvertrages abzulehnen.

In Betracht zu ziehen wäre noch eine Pflicht zu einer anderweitigen Abwicklung des Projektes, nur nicht in der Weise, wie § 2 Abs. 2 S. 4–8 FinVe sie vorsieht. Ob und inwieweit eine sonstige Pflicht zur Herstellung eines verkehrssicheren Betriebszustandes besteht, bleibt an dieser Stelle jedoch unberücksichtigt; zu untersuchen ist hier lediglich, ob der Finanzierungsvertrag bei dem Scheitern der Gespräche nach § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe eine solche Pflicht festlegt. Würde man das annehmen, ist jedoch nicht einleuchtend, warum eine Abwicklung des Projektes für den Fall im Vertrag vorgesehen ist, dass die Kosten vor dem 31.12.2009 den finanziellen Rahmen übersteigen (vgl. § 2 Abs. 2 S. 3–8 FinVe), nicht jedoch für den Fall, dass die Kostensteigerung erst nach dem 31.12.2009 erfolgte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass – sofern eine Pflicht zur Abwicklung des Projektes in welcher Form auch immer gewollt gewesen wäre – diese dann ebenso im Vertrag geregelt worden wäre. Das ist gerade nicht erfolgt, so dass die ergänzende Vertragsauslegung keine Pflicht zu einem qualifizierten Abschluss des Projektes begründet.

b. Möglichkeit 2: Pflicht zur Vollendung des Projektes

In einem Umkehrschluss könnte überdies naheliegen, dass mit dem Ausschluss der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 FinVe durch § 8 Abs. 4 S. 2 FinVe gemeint war, dass es im Fall einer späteren Kostenerhöhung gerade nicht zu einem qualifizierten Abschluss kommen sollte, sondern für diesen Fall eine andere Lösung ausdrücklich bedacht wurde, nämlich die, dass, gerade im Unterschied zur Situation, die § 2 Abs. 2 FinVe vor Augen hat, das Projekt nicht gleichsam bloß noch „abgewickelt“, sondern vollendet werden muss. Mit dieser Auslegung würde man allerdings dem Ausschluss des § 2 Abs. 2 FinVe sehr weitreichende Konsequenzen zusprechen, für die sich im Wortlaut des Vertrages keine weiteren Anhaltspunkte finden lassen. Allein aus der Existenz der „Sprechklausel“ geht vielmehr bereits hervor, dass die Vertragsparteien eine solche Pflicht zur Vollendung des Projektes trotz höherer Kosten bei Abschluss des Vertrages gerade nicht gewollt haben. Andernfalls wären die als Rechtsfolge für diesen Fall vorgesehenen Gespräche auch sinnlos.

Hinzu kommt, dass sich der Ausschluss von § 2 Abs. 2 FinVe in § 8 Abs. 4 S. 2 FinVe auch anders erklären lässt. Abbedungen worden sein könnte damit nur die Starrheit der Rechtsfolge des § 2 Abs. 2 S. 5 FinVe, also die Tatsache, dass nach einem Scheitern der Gespräche auf Grund der „Sprechklausel“ das Projekt zwingend abzuschließen ist, sowie die Kostentragung im Verhältnis „60% durch die EIU zu 40% durch das Land“ erfolgen muss. Dafür spricht, dass bei einem Abschluss des Projektes zu einem späteren Zeitpunkt als dem in § 2 Abs. 2 FinVe geregelten die Kosten für diesen Abschluss viel höher sein können und sogar völlig unklar sein kann, woraus gerade die Höhe resultiert. So wäre etwa eine vierzigprozentige Beteiligung des Landes an den Rückabwicklungskosten unangemessen, wenn die Kosten z. B. wegen allein der DB AG zurechenbarer Fehler beim Bau sehr hoch wären. Ebenfalls wären flexiblere oder völlig neue Konzepte, die unter Umständen sinnvoller als ein vollständiger Abschluss sein könnten, durch einen starren Verweis auf § 2 Abs. 2 FinVe ausgeschlossen. Das spricht somit dafür, dass die Anwendung des § 2 Abs. 2 FinVe ausgeschlossen wurde, um mehr Flexibilität zu ermöglichen, jedoch ohne die Folge, dass an dessen Stelle die ebenso unflexible und im Einzelfall möglicherweise unverhältnismäßige Folge der verpflichtenden Projektvollendung treten würde. Schließlich erschiene ein solches „rollback“ zurück zu einer Projektvollendungspflicht auch als nicht mit der Systematik des FinVe vereinbar, die zunächst die Erfüllungs- bzw. Vollendungspflicht und dann deren Abwandlungen bei gestiegenen Kosten regelt. Einen Grund, bei besonders hohen Kosten zu der ursprünglichen Pflicht zurückzukehren, gibt es nicht.

Eine Auslegung des FinVe hinsichtlich einer Pflicht der DB AG zur Vollendung des Projektes „Stuttgart 21“ nach der erheblichen Kostenüberschreitung ist somit abzulehnen.

c. Möglichkeit 3: Erlöschen der ursprünglichen Pflicht zur Vollendung des Projektes mit Abschluss der in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehenen Gespräche

Zuletzt könnte die ergänzende Auslegung des Finanzierungsvertrages auch dazu führen, dass nach erfolgloser Durchführung der in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehenen Gespräche schlicht weder eine Pflicht zur Vollendung des Projektes noch zur Tragung der Mehrkosten besteht. Mit anderen Worten: Der Vertrag zur Durchführung und Finanzierung des Projektes „Stuttgart 21“ hat sich, untechnisch gesprochen, mit dem Scheitern der Gespräche „erledigt“.

Für eine solche Auslegung spricht zunächst, dass – wie zuvor schon dargestellt wurde (B. I. 2; B. I. 3. a., b.) – eine (ergänzende) Auslegung des Finanzierungsvertrages weder einen qualifizierten Abschluss des Projektes i. S. des § 2 Abs. 2 S. 4-8 FinVe (B. I. 3. a.) noch eine Vollendung des Projektes vorsieht (B. I. 3. b.). Die Vertragsparteien haben bei dem Eintritt von Kostensteigerungen nach dem 31.12.2009 das weitere Vorgehen in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe abschließend geregelt, nämlich die Aufnahme von Gesprächen. Diese Gespräche wurden geführt, so dass den vertraglichen Vorgaben entsprochen wurde. Weitere Pflichten – etwa auch differenziert danach, wie diese Gespräche verlaufen – sieht der Finanzierungsvertrag schlicht nicht vor. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Parteien bewusst keine weiteren Verpflichtungen mehr vereinbart haben. An mehreren Stellen des Finanzierungsvertrages (s. nur die §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 6, 7, 6, 8, 9, 10 FinVe, insbesondere die umfangreichen Vorschriften zu den Mehrkosten in § 8 Abs. 3 lit. a)–e) FinVe) wurden ausführlichste Regelungen hinsichtlich der Kostentragung und -verteilung sowie potenziell anfallender Mehrkosten getroffen. Angesichts der sonst sehr durchdachten Regelungen zur Finanzierung lässt sich den Vertragsparteien nur schwerlich unterstellen, dass sie den Fall eines Scheiterns der Gespräche nicht bedacht haben.

Zwar waren die EIU zunächst nach § 4 S. 1, 2 FinVe zur Planung und Ausführung des Projektes verpflichtet. Alle ursprünglichen Pflichten zur Durchführung und Finanzierung des Projektes bezogen sich jedoch auf die Situation, dass sich die Kosten des Projektes in dem im Finanzierungsvertrag vorgesehenen Rahmen bewegten. Die Pflicht zur Durchführung des Projektes und die Pflicht zur Finanzierung des Projektes stehen mithin in einem engen aufeinander bezogenen Zusammenhang.

§ 3 Abs. 1 FinVe ordnet nämlich insoweit an: „Gegenstand dieses Vertrages ist die Durchführung und Finanzierung von Planung und Bau des Projektes. Die Vertragsparteien sind sich einig, dass das Projekt als Teil des Gesamtprojektes zum Zwecke der Verbesserung des Verkehrsangebotes realisiert werden soll.“

Aus der Vorschrift geht damit hervor, dass in der Vereinbarung eine Baupflicht und eine Finanzierungspflicht begründet werden. Das Zivilrecht kennt dabei zwei Arten, Verträge, die beide Vertragsparteien jeweils verpflichten, zu kategorisieren:24 So genannte vollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge schaffen wechselseitige Leistungspflichten i. S. eines Synallagmas dergestalt, dass die eigene Leistung erbracht wird, um die Gegenleistung durch den Vertragspartner fordern zu können. Unvollständige zweiseitig verpflichtende Verträge hingegen begründen zwar Verpflichtungen beider Vertragsparteien. Sie stehen jedoch nicht in dem dargestellten synallagmatischen Austauschverhältnis. Vor allem unentgeltliche Verträge, wie die Leihe nach §§ 598 f. BGB, enthalten solche Verpflichtungen.

Durch den Zusatz in § 3 Abs. 1 S. 2 FinVe, der auf die Bedeutung des Projektes für alle Beteiligten hinweist, wird das Interesse der Vertragsparteien an ihrer jeweiligen Gegenleistung deutlich. Dennoch kann kein klassisches synallagmatisches Verhältnis angenommen werden. Beide Vertragsparteien zielen mit ihrer jeweiligen Leistung nicht (nur) auf die jeweilige Gegenleistung ihres Vertragspartners ab. Vielmehr steht die gemeinsame Zweckerreichung in Form der Realisierung des Projektes im Vordergrund, die sich gerade erst aus der Summe des Erbringens von Leistung und Gegenleistung ergibt und nicht schon durch eine einseitige Leistung erreicht wird, deren Erbringung von dem Erlangen der Gegenleistung motiviert ist. Aus diesem Grund lässt sich auch unter der – äußerst fraglichen25 – Annahme, die DB AG habe als Projektträgerin und Bauherrin die entsprechenden Risiken allein zu tragen, und die übrigen Parteien hätten das Projekt lediglich subventioniert, nicht argumentieren, die DB AG habe die Pflicht zur Vollendung ganz unabhängig von den finanziellen Beiträgen der Vertragspartner übernommen.

Scheitert nun (wie hier) die Finanzierung, so widerspricht eine Vollendung des Projektes der den Vertragsparteien offensichtlich wichtigen Wirtschaftlichkeit des Projektes (vgl. dazu § 2 Abs. 2 S. 1, 2 FinVe).

Aus diesen Gründen ist zusammenfassend davon auszugehen, dass die Parteien bewusst keine Regelung für den Fall des Scheiterns der Gespräche vorgesehen haben. Mit dem Abschluss der Gespräche nach § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe sind sie allen vertraglichen Pflichten für den Fall einer Kostensteigerung nach dem 31.12.2009 nachgekommen. Weitere Pflichten bestehen demgemäß nicht mehr. Insbesondere die Pflicht zur Vollendung des Projektes aus § 4 S. 1, 2 FinVe ist mit dem Abschluss der Gespräche weggefallen.

Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass der Finanzierungsvertrag ergänzend dahingehend auszulegen ist, dass die Pflicht zur Vollendung des Projektes aus § 4 S. 1, 2 FinVe mit dem Abschluss der in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehenen Gespräche erloschen bzw. weggefallen ist oder sich sozusagen „erledigt“ hat.

II. Pflicht aller Parteien zur Tragung der Mehrkosten

Nur kurz erwähnt werden soll noch die Frage, ob sich aus dem Vertrag eine Verpflichtung aller Vertragspartner herleiten lässt, die Mehrkosten des Projektes anteilig gemeinsam zu tragen. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung lässt sich dem Finanzierungsvertrag entnehmen, dass die Parteien bewusst keine Regelung für den Fall des Scheiterns der in der „Sprechklausel“ vorgesehenen Gespräche eingefügt haben, so dass mit dem Abschluss der Gespräche alle zuvor bestehenden Pflichten erloschen sind (s. oben B. I. 3. c.)26. Wenn man (allerdings nicht überzeugend, s. nochmals oben B. I. 3. c.) annähme, die Vertragspartner der DB AG hätten das Projekt lediglich subventioniert, bestünde für diese von Vornherein keine Pflicht zur Tragung der Mehrkosten. Aber auch für die DB AG besteht eine solche Pflicht nach dem oben Gesagten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr).

III. Unmöglichkeit der Leistungen

Ein Wegfall der vertraglichen Pflicht zur Projektvollendung könnte sich zudem (vorrangig z. B. zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage)27 auf Grund von Unmöglichkeit, also gemäß § 62 S. 2 VwVfG BW i. V. mit § 275 BGB und § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB, ergeben. Die Zielerreichung ist zwar in der Form, wie sie geplant war, wegen der gestiegenen Kosten nun nicht mehr attraktiv. Unmöglich im rechtlichen Sinn ist eine Leistung laut § 275 Abs. 1 BGB jedoch nur, wenn es völlig ausgeschlossen ist, dass sie noch erbracht werden kann.28 Die Realisierung des Projektes „Stuttgart 21“ ist jedoch weiterhin im geplanten Umfang weder technisch noch rechtlich noch aus sonstigen Gründen objektiv oder subjektiv unmöglich.

Gemäß § 275 Abs. 2 BGB kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhaltes des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht, wobei bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen auch zu berücksichtigen ist, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. Diese Einrede muss angesichts ihrer weitreichenden Konsequenz, namentlich zwar nicht das automatische Entfallen der Leistungspflicht wie in § 275 Abs. 1 BGB, letztendlich jedoch das Ausbleiben der Leistung auf die Verpflichtung nach Erheben der Einrede, an äußerst hohe Hürden geknüpft werden, die nur in Ausnahmefällen genommen werden können. 29 Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das von den Vertragsparteien vereinbarte Verhältnis zwischen Leistungsaufwand und Gläubigerinteresse angemessen ist.
30 Die „bloße“ Steigerung der Kosten auf ca. 8,2 Mrd. € fällt zwar deutlich aus; ein zwingender Schluss auf die Anwendung des § 275 Abs. 2 BGB muss daraus aber nicht gezogen werden. Zudem ist darauf zu achten, dass § 275 Abs. 2 BGB sich gerade nicht aus einem Missverhältnis der Leistungs- und Gegenleistungspflicht ergeben kann, sondern allein auf das Verhältnis zwischen dem Leistungsaufwand des Schuldners und dem Gläubigerinteresse abzustellen ist.31

Angenommen, die DB AG sehe sich vertraglich verpflichtet, die Realisierung des Vorhabens ohne die finanziellen Beträge der Projektpartner weiterzuverfolgen, müssten folglich die der DB AG dadurch entstehenden Mehrkosten (das ist der Leistungsaufwand des Schuldners) gegen das Leistungsinteresse der Gläubiger, namentlich die Vollendung des Bauvorhabens, abgewogen werden. Dabei muss ein etwaig existenzbedrohendes Ausmaß der zusätzlichen Mehrkosten für die DB AG allerdings außer Acht bleiben.32 Stattdessen ist allein ausschlaggebend, ob der für die weitere Leistungserbringung auf Seiten der DB AG aufzubringende Aufwand durch den dadurch erreichten Nutzen für die Gläubiger gerechtfertigt werden kann. Dazu ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen, die dem Gebot von Treu und Glauben entspricht und ebenso berücksichtigt, ob bzw. inwiefern der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat, mithin die DB AG die Mehrkosten verantwortet.33 Ebenfalls muss der Grundsatz „pacta sunt servanda“ berücksichtigt werden.34 Maßstab ist demnach, ob ein „vernünftiger Mensch daran denken würde, den unter den gegebenen Umständen erforderlichen Aufwand zu treiben, um sich in den Genuss der Leistung in Natur zu bringen“.35 In Anbetracht des Fortschrittes der Baustelle, den bereits aufgewendeten Investitionen und der verkehrlichen und wirtschaftlichen Bedeutung des Infrastrukturprojektes muss davon ausgegangen werden, dass die Grenze des § 275 Abs. 2 BGB hier jedenfalls noch nicht erreicht ist.

Andernfalls, d. h. wenn die anfallenden Mehrkosten auf alle Vertragspartner verteilt werden, ergibt sich offensichtlich kein solches Missverhältnis i. S. des § 275 Abs. 2 BGB: Das bei Vertragsschluss vereinbarte Verhältnis zwischen Leistungsaufwand und Gläubigerinteresse wird dann gerade aufrechterhalten.

§ 275 Abs. 3 BGB hingegen knüpft an eine höchstpersönlich zu erbringende Leistung an. Eine solche ist die Pflicht zur Realisierung des Projektes „Stuttgart 21“ jedenfalls nicht, so dass letztlich keiner der in § 275 BGB normierten Fälle Anwendung findet.

IV. Zurückbehaltungs- bzw. Rücktrittsrecht

In Betracht kommt weiterhin, dass die DB AG in der vorliegenden Situation eine Einstellung des Bauens auf ein Zurückbehaltungsrecht (§ 62 S. 2 VwVfG BW i. V. mit § 273 Abs. 1 oder § 320 Abs.1 BGB) stützen könnte. Das setzt aber voraus, dass auch die anderen Vertragspartner noch eine vertragliche Pflicht zu erfüllen hätten, der sie aktuell nicht nachkommen. Das wiederum hängt von der unter B. II. angesprochenen Frage ab, ob die Parteien zur anteiligen Übernahme der Mehrkosten verpflichtet sind, und wurde vorstehend verneint.

Auch das Bestehen eines gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 62 S. 2 VwVfG BW i. V. mit § 323 Abs. 1 BGB setzt eine Pflichtverletzung voraus, die hier nur darin liegen könnte, dass die Vertragspartner sich (auch nach dem Ablauf einer gesetzten angemessenen Frist) nicht an den Mehrkosten beteiligen, obwohl sie hierzu verpflichtet sind. Diese Pflicht liegt aber gerade nicht mehr vor (s. oben B. II.). Angesichts der insgesamt erloschenen Pflichten (vgl. insoweit B. I. 3. c.) liegen vielmehr weder ein Zurückbehaltungs- noch ein Rücktrittsrecht vor.

V. Wegfall der Geschäftsgrundlage

§ 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG BW lässt dann eine Vertragsanpassung oder subsidiär eine Kündigung des Vertrages zu, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhaltes maßgeblich gewesen sind, seit dem Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist.

Die Verhältnisse, die sich geändert haben, müssen hierbei die gemeinsame Grundlage des Vertrages gebildet haben,36 dürfen aber gerade nicht zum (schriftlich fixierten) Vertragsinhalt gemacht worden sein.37 Nötig ist deshalb eine Abgrenzung der Vertragsgrundlage vom Vertragsinhalt, der wiederum vorrangig durch ergänzende Vertragsauslegung (s. dazu oben unter B. I. 3.) zu ermitteln ist.38

Vorliegend wurde im Vertrag zwar, wie die Vereinbarung der „Sprechklausel“ in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe zeigt, der Fall der Kostensteigerungen nach dem 31.12.2009 bedacht. Nicht eindeutig bedacht und geregelt wurden auf den ersten Blick jedoch die Folgen des Scheiterns der Gespräche und damit des Scheiterns der Finanzierung insgesamt, so dass zunächst naheliegt, dass es sich bei den Folgen der gescheiterten Gespräche nicht um einen Inhalt des Vertrages handelt. Dagegen spricht jedoch, dass (wie oben bereits unter B. I. 3. c. ausgeführt wurde) an mehreren Stellen im Vertrag deutlich wird (s. nochmals die §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 6, 7, 6, 8, 9, 10 FinVe, insbesondere die umfangreichen Vorschriften zu den Mehrkosten in § 8 Abs. 3 lit. a)–e) FinVe), dass die Frage der gemeinsamen Finanzierung einen wichtigen Aspekt für alle Parteien darstellt. Daraus lässt sich schließen, dass die Parteien sehr wohl bewusst im Fall von Kostensteigerungen nach dem 31.12.2009 lediglich die Aufnahme von Gesprächen in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehen hatten, ohne weitere Regelungen für den Fall des Scheiterns dieser Gespräche zu treffen. Mit anderen Worten: Angesichts dieser sehr durchdachten und detaillierten Regelungen zur Finanzierung lässt sich nur schwer begründen, die Vertragsparteien hätten die Möglichkeit des Scheiterns der Gespräche nicht bedacht. In einem solchen Fall, dass die Parteien bereits eine Regelung (oder wie hier eben bewusst keine Regelung) getroffen haben, ist eine Änderung des Vertrages im Wege des § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG BW gerade nicht möglich.39 Zwar liegt eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG BW auch dann vor, wenn bei Verträgen über Dauerleistungen von längerer Zeit die Risikozuweisung überschritten oder eine Vertragspartei schlechthin unzumutbare Folgen treffen würden.40 Ob das vorliegt, ist jedoch im Einzelfall anhand der Auslegung des Vertrages zu beurteilen.41 Vorliegend führt die Auslegung des Vertrages jedoch gerade dazu, dass bewusst keine Regelung getroffen wurde. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die geänderten Verhältnisse (nämlich das Scheitern der Gespräche) nicht nur Grundlage des Vertrages, sondern vielmehr Vertragsinhalt geworden sind und damit kein Raum für eine Vertragsanpassung im Wege des § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG BW bleibt.

Als Ergebnis einer Prüfung der Verpflichtungen aus dem Finanzierungsvertrag selbst bleibt damit festzuhalten, dass der Finanzierungsvertrag mit dem Scheitern der Gespräche nach der „Sprechklausel“ quasi „ausgelaufen“ ist oder sich „erledigt“ hat. Aus ihm folgt im Hinblick auf das Projekt „Stuttgart 21“ nunmehr jedenfalls weder eine „Vollendungspflicht“ der DB AG noch eine Pflicht der anderen Vertragsparteien auf Beteiligung an den Mehrkosten.

C. Aus dem Eisenbahnrecht (im weiten Sinn) folgende Verpflichtungen

Nach bzw. unabhängig von der Frage der vertraglichen Verpflichtung der DB AG zur Vollendung des Projektes ist zu klären, ob sich eine solche Pflicht aus anderen, öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten ergeben könnte.

I. In den Blick zu nehmen ist dafür zunächst das Fachplanungsrecht. Für das Projekt „Stuttgart 21“ gibt es, wie von § 18 Abs. 1 AEG als notwendig angeordnet, (nicht nur) einen Planfeststellungsbeschluss. Für das Verfahren sowie die Rechtsfolgen einer Planfeststellung verweist § 18 AEG auf §§ 72 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG),42 die nur punktuell von den §§ 18 ff. AEG als speziellere Regelung verdrängt bzw. modifiziert werden. Maßgebliche Norm für die Rechtsfolgen des Planfeststellungsbeschlusses ist dabei § 75 VwVfG. Fraglich ist nun, ob sich aus den genannten Normen auch eine Pflicht ergibt, das einmal als zulässig festgestellte Projekt durchzuführen bzw. zu vollenden. Aus dem Wortlaut der Norm lässt sich eine solche Pflicht zunächst jedenfalls nicht ableiten. Inhaltlich bestimmt § 75 VwVfG, dass die Planfeststellung Genehmigungswirkung, Konzentrationswirkung, Ausschlusswirkung sowie Gestaltungswirkung entfaltet.43 Letzteres bedeutet insbesondere, dass der Vorhabenträger nun das (Bau)Recht hat, sein Vorhaben gemäß den Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss zu verwirklichen.44 Eine Pflicht, das zu tun, ergibt sich daraus jedoch nicht. Als Argument lässt sich zudem ein Umkehrschluss aus dem § 75 Abs. 4 S. 1 VwVfG modifizierenden § 18c Nr. 1 AEG sowie aus § 77 S. 1 VwVfG anführen. Darin wird geregelt, dass ein Plan automatisch außer Kraft tritt, wenn mit einem Vorhaben, über das planfeststellungsrechtlich entschieden wurde, nicht innerhalb von zehn Jahren begonnen wird (§ 18c Nr. 1 AEG), bzw., dass ein Planfeststellungsbeschluss (vor allem wegen seiner enteignungsrechtlichen Vorwirkung)45 aufgehoben werden muss, wenn ein solches Vorhaben nach dem Beginn seiner Durchführung aufgegeben wird (§ 77 S. 1 VwVfG). Bestünde eine Pflicht zur Realisierung des Vorhabens allein deshalb, weil ein Planfeststellungsbeschluss dafür besteht, wären diese Normen überflüssig. Ebenfalls anerkannt und in dieselbe Richtung weisend ist, dass ein Planfeststellungsbeschluss dadurch funktionslos werden kann, dass die Verwirklichung des Vorhabens auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist.46 In derartigen Fällen wird er kraft Gesetzes unwirksam (Erledigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG).47 Diese Punkte zeigen, dass aus dem Fachplanungsrecht keine Pflicht des Trägers eines Vorhabens folgt, dieses auch zu realisieren.

II. Überdies könnte das weitere Vorgehen durch Erwägungen der Daseinsvorsorge und grundgesetzliche Normen bestimmt werden. Gemäß Art. 87e Abs. 4 S. 1 GG hat der Bund beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, Rechnung zu tragen. Gegenstand der vertraglichen Verpflichtung ist der Ausbau eines Personenbahnhofes und damit einer Serviceeinrichtung i. S. des § 2 Abs. 9 AEG i. V. mit Anlage 2 Nr. 2 lit. a) Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG),48 so dass angesichts des Wortlautes „Schienennetzes“ schon fraglich ist, ob Personenbahnhöfe wie der hier in Rede stehende Stuttgarter Hauptbahnhof ebenfalls unter Art. 87e Abs. 4 S. 1 GG zu fassen sind. Hinsichtlich des Zieles der Vorschrift, nämlich einer Grundversorgung der Bevölkerung im Hinblick auf das „Verkehrsbedürfnis“,49 ist es allerdings nur konsequent, wenn darunter nicht nur das Schienennetz an sich, sondern auch die den Zugang dazu begründenden Personenbahnhöfe zu fassen sind. Doch auch wenn der Ausbau eines Personenbahnhofes unter Art. 87e Abs. 4 S. 1 GG fällt, ist Adressat dieser Norm nach dem eindeutigen Wortlaut („Der Bund gewährleistet […]“) allein der Bund selbst, der hier gerade nicht Vertragspartner ist. Die DB AG und ihre EIU werden davon nicht erfasst.

Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass nur die Realisierung des Projektes den Anforderungen der Norm genügen könnte. Vielmehr lässt sich aus Art. 87e Abs. 4 S. 1 GG nur eine allgemeine Pflicht ableiten, geeignete Infrastruktureinrichtungen zur Verfügung zu stellen; konkrete Vorgaben werden gerade nicht gemacht.50 Auch etwaige Alternativszenarien zu „Stuttgart 21“ könnten den verfassungsrechtlichen Bestimmungen also gerecht werden.

D. Haushaltrechtliche Aspekte

Auch wenn sich das Haushaltsrecht direkt nur an die pflichtigen Gebietskörperschaften (etwa Bund oder Land) adressiert und diese zu seiner Erfüllung etwa entsprechende Verträge mit Dritten wie z. B. der DB AG schließen müssen, was hier unterblieben ist, scheitern derartige Überlegungen zum Haushaltsrecht auch noch aus sozusagen inhaltlichen Gründen:

Den öffentlich-rechtlichen Projektpartnern der DB AG könnten haushaltsrechtliche Erwägungen zwar theoretisch ein „Druckmittel“ mit der Folge einräumen, dass sie die DB AG „zwingen“ könnten, weiterzubauen. Der Grund hierfür könnte darin liegen, dass es haushaltsrechtlich nicht zu verantworten wäre, dass die bereits aufgewendeten erheblichen Summen bei dem Ausbleiben der Vollendung des Projektes im einst vereinbarten Umfang nutzlos wären.

Das könnte sich für die Stadt Stuttgart aus § 77 Abs. 2 Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg (GemO)51 bzw. für das Land Baden-Württemberg aus § 7 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO)52 ergeben. Inhaltlich ordnen beide die Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Entscheidungsfindung über die Haushaltswirtschaft an.

Sparsamkeit bedeutet in diesem Kontext zum einen, Aufwendungen und sonstige Ausgaben von Vornherein möglichst gering zu halten oder nachträglich zu überdenken und zu reduzieren.53 Weiter umfasst der Begriff der „Sparsamkeit“, dass die angedachten Ausgaben nur und erst dann gerechtfertigt sind, wenn sie zur Aufgabenerfüllung aktuell erforderlich sind.

„Wirtschaftlichkeit“ hingegen meint das Überwiegen des Nutzens im Verhältnis zum Aufwand eines kostenrelevanten Vorhabens. Der Nutzen muss hierbei an einer Gemeinwohlmaximierung gemessen werden, nicht hingegen an etwaigen betriebswirtschaftlichen Gewinnen.54

Sollte im konkreten Fall die Anwendung der beiden Grundsätze nicht zu einem einheitlichen Ergebnis führen, kollidiert also die Sparsamkeit mit der Wirtschaftlichkeit, ist Letzterer der Vorrang einzuräumen. Andernfalls würde die (positive) Fernwirkung einer Ausgabe außer Acht gelassen werden.55

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet das, dass die Entscheidung sowohl der Stadt Stuttgart als auch des Landes Baden-Württemberg darüber, ob und, wenn ja, in welchem Umfang das Projekt „Stuttgart 21“ weiter finanziell verfolgt wird, im Rahmen einer Abwägung gefällt werden muss. Für diese ist zunächst zu ermitteln, welche Belange eingestellt werden können. So muss geklärt werden, wie teuer die jeweils möglichen Handlungsoptionen sind, z. B. der völlige Rückzug aus dem Projekt oder die Verfolgung eines näher zu bestimmenden baulichen „Mittelweges“ oder aber die vollumfängliche Fertigstellung des Projektes im geplanten Umfang. Weiter muss ermittelt werden, welche Folgewirkungen die zu bestimmenden Handlungsoptionen nach sich ziehen. In einem dritten Schritt müssen dann die ermittelten Belange gegeneinander abgewogen werden. Der Baustopp ohne Rückabwicklung würde zu einer kaum nutzbaren „Ruine“ im Stadtzentrum Stuttgarts und zu einem nur noch eingeschränkt nutzbaren Kopfbahnhof führen. Das planerische Ziel der Stadt Stuttgart, Wohnraum auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände zu schaffen, wäre dann gescheitert. Das Interesse des Landes Baden-Württemberg an der wirtschaftlichen und verkehrlichen Stärkung der Region würde ebenfalls verfehlt. Ebenso wären die bereits aufgebrachten Kosten „ins Leere gelaufen“. Ein kompletter finanzieller Rückzug der öffentlichen Hand wäre zwar sparsam i. S. des Haushaltsrechts, muss jedoch auf Grund seiner fehlenden Wirtschaftlichkeit somit aus haushaltsrechtlichen Erwägungen ausscheiden.

Weiter ergibt sich aus der Abwägung zwischen der Intensität der noch zu tätigenden Kosten und des damit zu erzielenden Nutzens keine Pflicht der öffentlichen Hand, eine sich an die „Sprechklausel“ anschließende Verpflichtung zur vollumfänglichen Anschlussfinanzierung im Gegenzug zur weiteren Verfolgung der Bauarbeiten durch die DB AG einzugehen bzw. auf eine solche neue Vereinbarung hinzuwirken. Die etwaige Korrektur des Zieles, namentlich die Realisierung einer „abgespeckten“ Version des Projektes „Stuttgart 21“ und eine dadurch unter Umständen mögliche Kosteneinsparung hinsichtlich der Risiken und Funktionsmängel von „Stuttgart 21“, die den Interessen der Stadt Stuttgart und des Landes Baden-Württembergs je nach Faktenlage ebenso, zumindest annähernd oder sogar besser entspräche, kann durchaus im Hinblick auf den sehr stark gestiegenen Kostenumfang haushaltsrechtlich gerechtfertigt werden.

Erschwerend hinzu kommt, dass es sich bei „Stuttgart 21“ an sich um ein Projekt der Eisenbahnen des Bundes handelt, das Letzterer oder „seine“ DB AG an sich wegen des verfassungsrechtlichen Verbotes der Mischfinanzierung ohnehin allein finanzieren müsste.56

Eine Pflicht jedoch, auf die Fertigstellung des Projektes „Stuttgart 21“ in der Gestalt hinzuwirken, jegliche Finanzierungsforderungen der DB AG zu erfüllen, um deren Bautätigkeit zu ermöglichen, ergibt sich jedenfalls nicht aus haushaltsrechtlichen Erwägungen. Ebenso wenig leitet sich eine Pflicht der Stadt Stuttgart und des Landes Baden-Württembergs aus dem Haushaltsrecht ab, die DB AG durch die Begründung neuer Verbindlichkeiten vertraglich dazu zu „zwingen“, das Projekt „Stuttgart 21“ in dem vormals vereinbarten Rahmen zu vollenden. Eine Baupflicht der DB AG bzw. mittelbar der Stadt Stuttgart oder des Landes Baden-Württemberg kann somit nicht aus dem Haushaltsrecht gefolgert werden.

E. Aus dem Aktienrecht folgende Verpflichtung

Möglicherweise ergibt sich jedoch aus aktienrechtlichen Vorschriften eine Pflicht der DB AG zur Vollendung des Projektes, so etwa aus dem (zumindest für die DB AG selbst)57 anwendbaren § 93 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG).58 Gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG haben die Vorstandsmitglieder59 einer Aktiengesellschaft bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden, wobei eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht vorliegt, sofern das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. § 93 Abs. 1 AktG bezweckt vorrangig den Schutz der Aktionäre, unter bestimmten Voraussetzungen jedoch auch den Schutz der Gläubiger (vgl. § 93 Abs. 5 AktG) und dient dabei unter anderem der Schadensprävention.60 Angesichts der sehr abstrakten Formulierung des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG wird der Sorgfaltsmaßstab durch Rechtsprechung und Literatur insofern konkretisiert, als der Vorstand im Interesse der Gesellschaft handeln und Schäden von ihr abwenden muss.61 Eine nähere Ausgestaltung erfährt § 93 Abs. 1 S. 1 AktG lediglich mittelbar durch § 93 Abs. 3 AktG, der beispielhaft (vgl. den Wortlaut „namentlich“) Fälle benennt, in denen eine Schadensersatzpflicht des Vorstandes nach § 93 Abs. 2 AktG besteht. Soweit ersichtlich, liegt jedoch keiner der in § 93 Abs. 3 AktG genannten Fälle vor, so dass letztlich zu prüfen ist, ob die Entscheidung, das Projekt nicht zu vollenden, dem Wohl der DB AG dient und sie nicht schädigt. Hierbei trifft den Vorstand der AG eine erhöhte Sorgfaltspflicht.62 Trotzdem besteht insoweit nur dann eine persönliche Ersatzpflicht, wenn die Geschäftsführungsmaßnahme unter Nichtbeachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vorgenommen wurde, mithin Geschäfte mit unangemessenen oder existenzgefährdenden Risiken abgeschlossen wurden.63 Zu berücksichtigen sind dabei unter anderem Art und Größe des Unternehmens, die Konjunkturlage sowie die Zahl der Beschäftigten; es handelt sich somit um einen normativen Maßstab.64

Ein erster Anknüpfungspunkt für eine mögliche Verletzung des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG im Fall der Nichtvollendung des Projektes durch die DB AG könnte darin liegen, dass bereits immense Summen investiert wurden, die bei einer Nichtvollendung des Projektes letztlich umsonst aufgebracht wurden, so dass im Hinblick auf die Notwendigkeit wirtschaftlich sinnvoller Entscheidungen zum Gesellschaftswohl65 eine Pflicht der DB AG zur Vollendung des Projektes bestehen könnte. Auf der anderen Seite birgt der Weiterbau ebenfalls finanzielle Risiken, gerade auch hinsichtlich der schon in der Vergangenheit ständig wachsenden Mehrkosten. Letztlich läuft es hier auf eine Abgrenzung von erlaubten und unerlaubten Risiken unter Berücksichtigung aller Fallumstände hinaus,66 wobei eine Pflichtverletzung erst dann anzunehmen ist, wenn in unverantwortlichem Umfang unternehmerische Risiken eingegangen wurden.67 Zudem hat der Vorstand bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben einen großzügig zu bemessenden unternehmerischen Ermessensspielraum.68 Ob die Entscheidung, das Projekt „Stuttgart 21“ nicht zu vollenden, tatsächlich gegen den Sorgfaltsmaßstab des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG verstößt, kann angesichts der Vielfältigkeit der zu berücksichtigen Faktoren im Rahmen dieses Gutachtens nicht abschließend geklärt werden. Im Hinblick auf das unternehmerische Ermessen sowie die mit einem Weiterbau verbundenen finanziellen Risiken wird das aber wohl zu verneinen sein.69

Überdies könnte § 93 Abs. 1 S. 1 AktG eine Vollendung des Projektes allerdings deswegen gebieten, da im Fall einer Nichtvollendung die DB AG etwaigen Schadensersatzansprüchen (zu diesen siehe unten F.) ausgesetzt sein könnte. Im Ergebnis läuft es aber auch hier wiederum auf eine Abwägungsentscheidung hinaus, wobei erneut die mit einem Weiterbau verbundenen finanziellen Risiken zu berücksichtigen wären. Auch an dieser Stelle ist eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht möglich. Ein Verstoß gegen § 93 Abs. 1 AktG auf Grund der drohenden Schadensersatzansprüche liegt aber wohl ebenfalls nicht vor.

F. Mögliche Schadensersatzansprüche

Von der Hauptfrage dieses Gutachtens nicht erfasst, und deswegen an dieser Stelle nur kurz dargestellt, ist die Frage nach möglichen Schadensersatzansprüchen gegen die DB AG im Fall der Nichtvollendung des Projektes. Solche könnten auf Grund ihrer bloßen Höhe faktisch wie eine „Weiterbau – Pflicht“ wirken.

I. Die Primärpflicht zur Vollendung des Projektes nach § 4 S. 1, 2 FinVe ist nach dem Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung (s. oben B. I. 3. c.) erloschen, so dass bereits aus diesem Grund keine Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der ehemals bestehenden Pflicht zur Vollendung des Projektes bestehen.

II. In Betracht kommen jedoch Schadensersatzansprüche aus § 62 S. 2 VwVfG BW i. V. mit §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen einer Verletzung von Nebenpflichten, etwa einer entgegen der allgemeinen Sorgfaltspflicht des § 4 S. 3 FinVe zu spät erfolgten Anzeige zu hoher Kosten.70 Ob die Kostensteigerung tatsächlich zu spät angezeigt wurde oder sonstige Nebenpflichten verletzt wurden, kann vom Gutachter an dieser Stelle allerdings rein tatsächlich nicht beurteilt werden.71

III. Das Scheitern der von § 8 Abs. 4 FinVe angeordneten Gespräche in Form des Ausbleibens einer Einigung stellt jedenfalls keine Pflichtverletzung dar (s. hierzu bereits A. III). Eine solche läge in diesem Kontext lediglich vor, falls eine Vertragspartei die Gespräche boykottiert oder sich in vergleichbarer Weise nicht um einen Konsensschluss bemüht hätte.72 Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, ein solches Verhalten einer beteiligten Vertragspartei anzunehmen, so dass auch hieraus keine Schadensersatzansprüche konstruiert werden können.

IV. Nicht in direktem Zusammenhang mit dem Finanzierungsvertrag stehen und deswegen ebenfalls nur kurz erwähnt werden sonstige Ansprüche der anderen Vertragspartner oder Dritter wegen des Vorhabens gegen die DB AG, wie etwa anfallende Zinsen, welche die Stadt Stuttgart auf Grund der durch die Verzögerung des Projektes nicht freiwerdenden angekauften Bahnflächen geltend machen kann.

G. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass mangels ausdrücklicher Regelungen im Fall des Scheiterns der in § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe vorgesehenen Gespräche der Vertrag einer ergänzenden Vertragsauslegung zu unterziehen ist. Diese ergibt, dass die Vertragsparteien für diese Konstellation weder eine Pflicht zu einem qualifizierten Abschluss des Projektes noch zu dessen Vollendung vorgesehen haben. Vielmehr haben sie bewusst auf eine Regelung verzichtet und sind mit dem Abschluss der gescheiterten Gespräche allen ihren jeweiligen vertraglichen Pflichten nachgekommen, so dass (auch) die Pflicht zur Vollendung des Projektes aus § 4 S. 1, 2 FinVe erloschen ist. Entsprechend besteht ebenfalls keine Pflicht der Vertragsparteien zur Tragung der anfallenden Mehrkosten.

Unabhängig davon wäre die Pflicht zur Vollendung des Projektes aus § 4 S. 1, 2 FinVe nicht bereits nach § 275 BGB erloschen; es bestünde auch weder ein Zurückbehaltungs- noch ein Rücktrittsrecht. Eine Vertragsanpassung oder Kündigung im Wege des Wegfalles der Geschäftsgrundlage scheidet ebenfalls aus. Überdies begründen weder das Eisenbahnrecht im weiteren Sinn noch haushalts oder – soweit ersichtlich – aktienrechtliche Vorgaben eine Pflicht zur Vollendung des Projektes. Somit besteht derzeit allenfalls unter Umständen wegen drohender Schadensersatzansprüche eine faktische, jedenfalls aber keine rechtliche Verpflichtung der DB AG mehr zur Vollendung des Projektes „Stuttgart 21“.

Prof. Dr. Urs Kramer

 

Fußnoten:

1 Vgl. die Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.02.2018, BT-Drs. 19/779, laut deren Ziffer 2 der Aufsichtsrat der DB AG gemäß dem Vorschlag des Vorstandes den Finanzierungsrahmen des Projektes auf 8,2 Mrd. Euro erhöht hat, wovon auf den Risikopuffer für unvorhergesehene Ereignisse 495 Mio. € entfallen.

Fußnoten:

2 Bülte, Gutachten zu ausgewählten Untreuefragen im Kontext des Projekts Stuttgart 21 der DB AG, S. 3 ff., abrufbar hier; Bericht des Bundesrechnungshofs gemäß § 88 Abs. 2 BHO über die Projekte Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm, Haushaltsausschuss Ausschuss-Drs. 5062, 16. Wahlperiode; Unterlage aus der Sitzung des Lenkungskreis der DB AG vom 10.12.2009.

Fußnoten:

3 Die Tatsache, dass laut § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe lediglich die EIU der DB AG und das Land Gespräche aufnehmen (und nicht etwa die DB AG), ist Ausdruck der sonst üblichen Rollenverteilung, ändert faktisch jedoch nichts an der sodann folgenden Auslegung des Vertrages.

Fußnoten:

4 Vgl. zu der entsprechende Pressemitteilung der DB AG vom 23.12.2016. Auffällig ist, dass alle Vertragspartei-en von der DB AG auf Tragung der Mehrkosten verklagt werden, an den laut § 8 Abs. 4 S. 1 FinVe geschuldeten Gesprächen jedoch nur die Beteiligung der EIU der DB AG und des Landes vorgesehen ist. Soweit der geltend gemachte Anspruch somit auf die „Sprechklausel“ gestützt wird, scheint das vor allem in Bezug auf die nicht an diesen Gesprächen Beteiligten fraglich.

5 Zur „einfachen“ Sprechklausel Berger, RIW 2000, 1 (6 f.).

6 Berger, RIW 2000, 1 (7), m. w. N., auch zum Folgenden.

7 Berger, RIW 2000, 1 (7).

8 Nelle, Neuverhandlungspflichten, 1994, S. 17; s. auch Berger, RIW 2000, 1 (8).

9 Meinungsstand im Folgenden wiedergegeben nach Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: April 2018, Rn. 314 m. w. N.

10 Gesetz v. 02.01.2002, BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und 2003 I S. 738, zul. geändert durch Gesetz v. 31.01.2019, BGBl. I S. 54.

11 Vgl. hierzu BGH NJW 1996, 1054 (1054 f.).

12 S. hierzu auch de Wyl/Essig, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 11 Rn. 315 m. w. N.

13 Die folgenden Ausführungen gelten vorbehaltlich der Frage, ob sich die Entscheidungsträger der DB AG durch den jetzigen Abbruch oder die jetzige Fortführung des Projektes „Stuttgart 21“ wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch strafbar machen würden, was von diversen rechtlichen und tatsächlichen Umständen abhängt, die im Rahmen dieses Gutachtens nicht untersucht werden können.

14 Gesetz v. 12.04.2005, GBl. S. 350, zul. geändert durch Gesetz v. 12.05.2015, GBl. S. 324. Der Bund ist nicht Vertragspartner des Finanzierungsvertrages. Die Anwendung des VwVfG des Bundes scheidet demnach aus. Stattdessen haben sich das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart als „Behörden“ der Landesebene in dem Finanzierungsvertrag verpflichtet. Demnach ist das VwVfG BW anzuwenden. Vgl. § 1 Abs. 1 VwVfG BW.

15 GSOGB, Beschl. v. 10.04.1986 – Az.: GmS-OGB 1/85, Rn. 10 f. – juris; Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl., 2018, § 54 Rn. 27.

16 BGH, Beschl. v. 19. 09.2012 – Az.: V ZB 86/12, Rn. 7 f. – juris; Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl., 2018, § 54 Rn. 28.

17 BVerwG, Urt. v. 17.02.1971 – Az.: V C 68.69, Rn. 14 ff. – juris; Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl., 2018, § 54 Rn. 28.

18 Gesetz v. 27.12.1993, BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I, S. 2439, zul. geändert durch Gesetz v. 29.11.2018, BGBl. I S. 2237.

19 Gesetz v. 03.11.2017, BGBl. I S. 3634, zul. geändert durch Gesetz v. 30.06.2017, BGBl. I S. 2193.

20 Gesetz v. 23.05.1949, BGBl. S. 1, zul. geändert durch Gesetz v. 13.07.2017, BGBl. I S. 2347.

21 Hellermann, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, GG, Stand: 15.11.2018, Art. 28 Rn. 40, 40.5.

22 Gesetz v. 11.11.1953, GBl. S. 173, zul. geändert durch Gesetz v. 01.12.2015, GBl. S. 1032.

23 Busche, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 157 Rn. 46.

24 Zum Folgenden an Stelle vieler Schmidt, in: BeckOK, BGB, Stand: 01.02.12019, § 320 Rn. 4.

25 Zwar sind die EIU in § 4 S. 1 FinVe als Träger des Projektes benannt; in § 3 Abs. 1 S. 2 FinVe wird jedoch gerade davon gesprochen, dass sich die Vertragsparteien im Hinblick auf die Realisierung des Projektes einig sind, was, ebenso wie die Formulierung „das gemeinsame Ziel, das Projekt zu realisieren“ in § 16 Abs. 9 FinVe, auf eine Gleichrangigkeit hindeutet. Überdies ist in den §§ 6 und 8 FinVe gerade eine absolute Höchstgrenze der Kosten für alle Vertragsparteien ohne Differenzierung zwischen den EIU als Projektträgern und den übrigen Vertragsparteien vorgesehen (vgl. dazu den Wortlaut des § 6 Abs.1 FinVe: „Die Gesamtkosten in Höhe von 3.076,0 Mio. € werden von den Vertragsparteien wie folgt getragen“). Der Vertrag selbst sieht also gerade keine solche Risikoverteilung, weder im Hinblick auf die Finanzierungskosten noch im Hinblick auf die Pflicht zur Realisierung des Projektes, vor.

26 Das gilt erst recht für die Vertragsparteien, die an den Gesprächen nicht beteiligt wurden; vgl. Fn.2.

27 Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 60 Rn. 13.

28 Ernst, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 36 (ein Rückgriff auf zivilrechtliche Grundsätze ist im Rahmen des § 60 VwVfG möglich; so Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 60 Rn. 14).

29 Riehm, in: BeckOGK, BGB, Stand: 01.12.2018, § 275 Rn. 179.

30 Riehm, in: BeckOGK, BGB, Stand: 01.12.2018, § 275 Rn. 208.

31 Ernst, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 79 f.

32 Ernst, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 79.

33 Vgl. Ernst, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 73 f.

34 Riehm, in: BeckOGK, BGB, Stand: 01.12.2018, § 275 Rn. 177.

35 Ernst, in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 275 Rn. 94.

36 Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 60 Rn. 16. Der Rückgriff auf die Literatur zum VwVfG des Bundes sowohl an dieser Stelle als auch bezüglich der weiteren Quellenangaben im Gutachten, an denen bestimmte Rechtsansichten zum VwVfG BW belegt werden, rechtfertigt sich mit dem inhaltsgleichen Wortlaut der für das Gutachten aussagekräftigen Normen.

37 Bonk/Neumann/Siegel, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 13.

38 OVG Münster, Urt. v. 06.12.1990 – Az.: 3 A 855/89 = NVwZ 1991, 1106 f.; Bonk/Neumann/Siegel, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 13.

39 Vgl. Bonk/Neumann/Siegel, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 14 m.w.N.

40 BVerwG, Urt. v. 09.11.1990 – Az.: 8 C 36/89, Rn. 14 f. – juris; OVG Münster, Urt. v. 06.12.1990 – Az.: 3 A 855/89 = NVwZ 1991, 1106 (1107).

41 Bonk/Neumann/Siegel, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 15.

42 Gesetz v. 23.01.2003, BGBl. I S. 102, zul. geändert durch Gesetz v. 18.12.2018, BGBl. I S. 2639. Das eisenbahnrechtliche Fachplanungsrecht verweist in § 18 Abs. 1 S. 3 AEG auf das VwVfG des Bundes. Dass das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart, nicht jedoch der Bund, Vertragspartner des Finanzierungsvertrages sind, ändert insofern nichts an dieser expliziten Anordnung, zumal es um die Planfeststellung für ein Vorhaben der Eisenbahn des Bundes geht, die durch das Eisenbahn-Bundesamt als Bundesbehörde durchgeführt wird.

43 Vallendar, in: Hermes/Sellner, AEG, 2. Aufl. 2014, § 18 Rn. 26 ff.

44 Vallendar, in: Hermes/Sellner, AEG, 2. Aufl. 2014, § 18 Rn. 36.

45 Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK, VwVfG, Stand: 01.10.2018, § 77 Rn. 1.

46 BVerwG, Urt. v. 12.04.2000 – Az.: 11 A 18/98, Rn. 87 – juris; Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK, VwVfG, Stand: 01.10.2018, § 77 Rn. 6.

47 Kämper, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK, VwVfG, Stand: 01.10.2018, § 77 Rn. 6.

48 Gesetz v. 29.08.2016, BGBl. I S. 2082.

49 Remmert, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, GG, Stand: 15.11.2018, Art. 87e Rn. 17.

50 BVerwG, Urt. v. 14.06.2016 – Az.: 10 C 7/15, Rn. 26 – juris.

51 Gesetz v. 24.07.2000, GBl. S. 581, ber. S. 698, zul. geändert durch Gesetz v. 19.6.2018, GBl. S. 221.

52 Gesetz v. 19.10.1971, GBl. S. 428, zul. geändert durch Gesetz v. 19.12.2017, GBl. S. 645.

53 Henkes, in: BeckOK, Kommunalrecht, Baden-Württemberg, GemO, Stand: 01.02.2019, § 77 Rn. 25, auch zum Folgenden.

54 Zum Begriff der „Wirtschaftlichkeit“ Henkes, in: BeckOK, Kommunalrecht, Baden-Württemberg, GemO, Stand: 01.02.2019, § 77 Rn. 28.

55 Henkes, in: BeckOK, Kommunalrecht, Baden-Württemberg, GemO, Stand: 01.02.2019, § 77 Rn. 29.

56 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.06.2016 – Az.: 10 C 7.15; VGH Mannheim, Urt. v. 21.04.2015 – Az.: VGH 1 S 1949/13; VG Stuttgart, Urt. v. 17.07.2013 – Az.: VG 7 K 4182/11; dazu m. w. N. Kramer/Cosovic, DVBl. 2016, 525 ff.

57 Für „beherrschte“ Unternehmen i. S. des § 291 AktG, wie z. B. die Tochtergesellschaften der DB AG, gibt es speziellere Vorschriften in den §§ 309, 310, 317 Abs. 3, 318 AktG.

58 Gesetz v. 06.09.1965, BGBl. I S. 1089, zul. geändert durch Gesetz v. 17.07.2017, BGBl. I S. 2446.

59 Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt gemäß § 116 S. 1 AktG der § 93 AktG mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß.

60 Koch, in: Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 13. Auflage 2018, § 93 Rn. 1.

61 BGH, Urt. v. 27.09.1956 – Az.: II ZR 144/55, Rn. 16 – juris; Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2019, § 93 Rn. 11; Spindler, in: Münchner Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 26.

62 Spindler, in: Münchner Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 25.

63 Spindler, in: Münchner Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 26.

64 Spindler, in: Münchner Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 25.

65 Spindler, in: Münchner Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 53.

66 OLG Jena, Urt. v. 08.08.2000 – Az.: 8 U 1387/98, Rn. 120 ff. – juris; Fleischer, in: Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2019, § 93 Rn. 80.

67 BGH, Urt. v. 21.04.1997 – Az.: II ZR 175/95, Rn. 22 – juris.

68 Spindler, in: Münchner Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 63.

69 Dabei wird der DB AG insbesondere unterstellt, dass alle in die Entscheidung miteinzubeziehenden Risiken sowie die zu Grunde liegenden Fakten und Informationen gewissenhaft ermittelt und gegeneinander abgewogen wurden. Kritisch dazu allerdings Bülte, s. oben Fn. 2.

70 Eine solche Pflichtverletzung erfolgte – wenn überhaupt – zu einem Zeitpunkt, als die Sorgfaltspflicht des § 4 S. 3 FinVe noch bestand, so dass etwaige Schadensersatzansprüche auch nicht erloschen wären.

71 Selbst wenn die DB AG durch ihre Entscheidungen in der Vergangenheit den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch verwirklicht hätte (so Bülte, Gutachten zu ausgewählten Untreuefragen im Kontext des Projekts Stuttgart 21 der DB AG, S. 16 ff., s. oben Fn. 2), ändert das nichts an den obigen Ausführungen zur rechtlichen Zulässigkeit einer Entscheidung der DB AG, das Projekt zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr fortzusetzen.

72 Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: April 2018, Rn. 314.

 

 

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