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- Erstellt am 23. April 2018
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In ihrem Brief an die Staatsanwaltschaft Berlin - mit Datum vom 23. Aril 2018 - legen Eisenhart von Loeper und Dieter Reicherter Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid gegen die Strafanzeige vom 12. Februar 2018 ein. Nur eine Woche nach Aussendung der Strafanzeige, nämlich am 19. Februar 2018, glauben die Verantwortlichen alle Aspekte umfangreich beleuchtet zu haben. So schnell?!
Zur Beschwerdebegründung führen sie aus:
- Wie nach Lage der Dinge nicht mehr überrascht, hat sich die DB AG dem diesseits gestellten UIG-Antrag zur gewünschten Informationsbeschaffung über Inhalte des Gutachtens, das der Entscheidung des Aufsichtsrats vom 26.01.2018 zugrunde liegt, bisher versagt, so dass ein weiteres Zuwarten darauf nicht sinnvoll erscheint.
- Es gibt immerhin aber eine Erkenntnisquelle mit der Antwort der Bundesregierung vom 16.02.2018 auf eine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit der die Bundesregierung zumindest bruchstückhaft den vom BVerfG anerkannten Pflichten auf Auskunftserteilung der DB AG (Urteil vom 7.11.2017, 2 BvE 2/11) Folge leistet.
Sie gibt zu Ziffer 6 der GRÜNEN-Anfrage irreführend die Auskunft, Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm seien „von Projektbeginn an einer gesamthaften wirtschaftlichen Betrachtung unterzogen, da sich die Projekte gegenseitig bedingen. Dies gilt auch für das Szenario eines Projektabbruchs. In diesem Falle würden Kosten in Höhe von mindestens 7,020 Mrd. Euro anfallen.“
Beweis: Bundestags-Drucksache 19/779 vom 16.02.2018, Ziffer 6
Damit wirft die DB AG schlicht Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (NBS) zusammen, um durch überhöhte Ausstiegskosten den Projektweiterbau als weniger schädlich zu beschreiben. Dies, obwohl letztere im Bundesverkehrswegeplan erfasst, also eigenständig ist, die NBS insbesondere auch an die Bestandsstrecke zum Stuttgarter Kopfbahnhof angeschlossen werden kann und mindestens drei Jahre vor S 21 fertig werden soll. Das Bundesverkehrsressort hatte schon in einem Dossier vom Februar 2013, S. 8 erklärt (siehe den Anhang „Kurzinformation“ im Gutachten Prof. Bülte vom 12.04.2018, daselbst Anlage 19):
„Der Bund hat immer betont, dass diese Vorhaben nicht zwingend zusammen-gehören. Die Schnellfahrstrecke nach Ulm könnte auch alternativ in den Knoten Stuttgart eingebunden werden. Bereits bei einer Überprüfung der Wirtschaftlichkeits-rechnung für Stuttgart 21 im Jahr 2007 hat der Gutachter des Bundes die Erstellung eines alternativen Planfalls unter den Prämissen der Beibehaltung des Kopfbahnhofs und dem Bau der NBS Wendlingen-Ulm als betriebswirtschaftlich sinnvoll erachtet.“
Die Berechnung der DB AG stützt sich damit auf nicht valide Fakten, was diametral den Rechtspflichten der Entscheidungsträger der DB AG nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG und damit auch der Business Judgement Rule zuwiderläuft (vgl. näher Gutachten Bülte, S. 12 ff.).
- Die Bundesregierung antwortet dann zu Ziffer 6 der ihr gestellten Fragen weiter, bei einer Einzelbetrachtung von Stuttgart 21
„betragen die Kosten nach der Abbruchkostenermittluung der DB AG 4 806 Mio. Euro, zuzüglich Erssatzinvestitionen i. H. v. 1 465 Mio. Euro und zuzüglich Zusatzkosten für einen alternativen Anschluss der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm.“
Auch dies wird nicht ansatzweise begründet und erweist sich damit als gesetzwidrig nicht valide und plausibel. Im Gegensatz dazu hat Verkehrsgutachter Dr. Vieregg nachvollziehbar Umstiegskosten von 1,2 Mrd. Euro ermittelt, zu denen vor allem erbrachte Investitionen hinzukommen (siehe Ziffer 4). Die DB BAG nennt sogar noch nebulöse Ersatzinvestitionen, ohne solche nachvollziehbar zu erläutern und für welchen Zweck sie anfallen sollen. Auch Zusatzkosten für einen Anschluss an die NBS gehen gänzlich fehl. Sie müssen nämlich auch bei Fortführung von S 21 anfallen, weil S 21 nach dem Ergebnis der Entscheidung vom 26.01.2018 Ende 2015, die NBS aber drei Jahre vorher fertig werden soll, aber nicht im Niemandsland enden kann.
Außerdem werden hier augenscheinlich, wie im Vorfeld der Sitzung vom 26.01.2018 von der DB AG angekündigt, volle Rückbaukosten zum Projekt berechnet, obwohl selbst § 2 Absatz 2 Finanzierungsvertrag für den Fall des vorzeitigen Abbruchs des Projekts dies „qualifiziert“ erreichen will durch „Herstellung eines verkehrssicheren Betriebszustandes“ (siehe näher S. 8 der Strafanzeige).
- Das gezogene Fazit, die Fortführung des Projekts sei überschlägig wirtschaftlicher als ein Abbruch, verzerrt die Lage ins Bodenlose. In Wahrheit liegen die Gesamtkosten des Projekts bei Einbeziehung und Umnutzung der schon erfolgten Investitionen zum Umstieg von S 21 bei 4,8 Mrd. Euro, wie gutachtlich durch Dr. Vieregg (Anzeige S.8) belegt, während die Gesamtkosten im Falle des Weiterbaus laut Beschluss des DB-Aufsichtsrats vom 26.01.2018 unter Einschluss des Risikopuffers auf 8,2 Mrd. Euro kommen werden, also mindestens drei Mrd. Euro höher liegen. Die Mehrkosten des Weiterbaus von S 21 erhöhen sich auf bis zu 5 Milliarden Euro, wenn man bahnunabhängige Analysen (Bundesrechnungshof, Vieregg u.a.) heranzieht.
- Die eingeschlagene Berechnungsmethode der DB AG entspricht exakt dem vom ehemaligen Amtschef des Stuttgarter Verkehrsministeriums nachhaltig gerügten „Herunterreden und Verschweigen von Fakten und Risiken“, ist also nicht neu (vgl. Beschwerdebegründung v. 15.01.18, S .6 ) und im Gutachten von Prof. Bülte für alle Entwicklungsphasen des Projekts plausibel belegt.
- Zudem ist auf jetzt publik gewordene Erkenntnisse aus einer Sitzung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages vom 18. April 2018 hinzuweisen. Der Journalist Thomas Wüpper weist auf ihm vorliegende Unterlagen und Recherchen hin. In der Stuttgarter Zeitung vom 21./22. April 2018 heißt es unter dem Titel „S 21: Kritiker sprechen von Milliardengrab“ a.:
„Wie unsere Redaktion berichtete, ist Stuttgart 21 für die Deutsche Bahn als verantwortlicher Bauherr komplett unwirtschaftlich. Inzwischen erwartet der Staatskonzern beim Tunnelprojekt einen Planverlust von 2,228 Milliarden Euro. Das zeigt ein internes DB-Papier vom 18. April 2018, das unserer Redaktion vorliegt und mit dem erstmals das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit von S 21 öffentlich wird.
Demnach muss die ertragsschwache Bahn mindestens 4,034 Milliarden Euro Eigenmittel für die teure Verlegung des Stuttgarter Bahnhofknotens in den Untergrund aufbringen, das Fünffache des aktuellen Jahresgewinns. Den hohen Kosten steht ein weit geringerer Nutzen gegenüber. Die „Projekt-Effekte“ werden mit nur 0,656 Milliarden Euro beziffert, die „Immobilien-Effekte“ aus dem Verkauf von Gleis-Grundstücken zur Bebauung mit 1,35 Milliarden Euro….“
Beweis: Stuttgarter Zeitung v. 21.22.04.18 und Schwarzwälder Bote v. 21.04.18, Titel
„Stuttgart 21 heute chancenlos“ als Anlage
Die Berichterstattung aus dem Verkehrsausschuss zeigt jedenfalls, dass die Bahn-Verantwortlichen sehr genau die Unwirtschaftlichkeit von Stuttgart 21 kennen, siehe
- Zusammenfassend erscheint es – auch im Hinblick auf das vorgelegte Gutachten von Prof. Bülte sowie die vorstehend beschriebene Lage - zwingend geboten, den Anfangsverdacht für den Tatvorwurf der Untreue anlässlich der Entscheidung des Bahn-Aufsichtsrats vom 26.01.2018 zu bejahen und den Sachverhalt durch geeignete strafprozessuale Schritte weiter aufzuklären, ggfs. auch durch das von dem Berliner Wirtschaftsprofessor Böttger laut StZ-Bericht für notwendig erachtete Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen.
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