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Die erst seit Anfang des Jahres amtierende Generalstaatsanwältin Margarete Koppers mit Dienstsitz in der Elßholzstraße, 10781 Berlin bekam diesen Beweisantrag vom 6. Juni 2018 direkt zugeschickt. Der Inhalt ist hier nachlesbar:
An Frau Generalstaatsanwältin Margarete Koppers
Elßholzstraße 30-33
10781 Berlin
Beschwerdeverfahren 121 Zs 366/18
sowie Beschwerdesache zu 242 Js /17 der Staatsanwaltschaft Berlin
In vorstehenden Beschwerdesachen stelle ich hiermit den Beweisantrag,
Herrn Dr. Thilo Sarrazin als ehemaligen leitenden
Mitarbeiter der DB AG und Vorstand für Netzmanagement in der DB Netz AG zum Beweis
dafür als Zeugen zu vernehmen, dass
a) das Projekt „Stuttgart 21“ bereits im März 2001 bei Beginn seiner Leitungsfunktionen
im Bahnkonzern als „besonders unrentabel“ galt und „unter den großen Projekten
den mit Abstand hintersten Rangplatz einnahm“, wie der Zeuge am 4.06.2018 dem
Verkehrsausschuss des Bundestages als vorgesehener Gutachter erläutert;
b) er vom damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn den Auftrag erhalten hat,
Verhandlungen mit dem Land und der Stadt Stuttgart zu führen, um das damals
schon praktisch eingefrorene Projekt wieder zu beleben, weil es die Zusage des
Landes Baden-Württemberg gab, im Falle einer Einigung die Nahverkehrsleistungen
im Land „pauschal an die DB zu vergeben“. Daher sei es am 24.07.2001 zur
„Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit der Projekte Stuttgart 21 und NBS
Wendlingen-Ulm“ gekommen, die somit eine bisher strittige Querfinanzierung des
Projekts ermöglichte;
c) beim Abschluss vorgenannter Vereinbarungen PwC im März 2001 Risiken von etwa
930 Mio. DM ermittelt und zusätzlich festgestellt habe, „dass die Risikozuschläge
äußerst knapp bemessen seien, die Risiken im Tunnelbau nicht abschätzbar seien …“
und das Projekt sich schon damals als eindeutig unwirtschaftlich erwiesen habe,
wenn die quantifizierten und nicht quantifizierten Risiken einbezogen worden wären,
wie es rechtlichen Anforderungen entsprochen hätte;
d) „im Sommer 2001 völlig klar war, dass die wie immer berechnete Wirtschaftlichkeit
des Projekts Stuttgart 21 … in sich zusammenbrechen würde, wenn sich nur ein
kleiner Teil der Risiken, etwa im Tunnelbau, materialisierte“ ;
e) der Zeuge bekennt: „Es war Tradition bei der Bahn und den an einem Projekt
interessierten Politikern, bei der Kommunikation über Kosten schönzufärben, um das
Projekt nicht zu gefährden“. Angesichts solcher Konstellation habe er den
Bahnkonzern zum Jahresende 2001 verlassen.
Der Zeuge war u.a. von 1982 bis 1989 im Bundesfinanzministerium Leiter des Referats
Finanzfragen des Verkehrs u.a. und von Januar 2002 bis April 2009 Finanzsenator des Landes
Berlin.
Beweis: Schriftstück von Dr. Thilo Sarazin vom 4.06.2018 zur Anhörung vor dem
Verkehrsausschuss des Bundestages „Ausstieg und Umstieg bei dem Bahnprojekt Stuttgart
21“ vom 11. Juni 2018 als Anlage
Die im Beweisantrag zitierten Tatsachenangaben des Zeugen bekräftigen, dass die Bahn-
Entscheidungsträger schon Jahre vor dem Abschluss des Finanzierungsvertrags vom
2.04.2009 die Unwirtschaftlichkeit und – weil politisch gewollt – die Gesetzwidrigkeit der
Projektausführung wissentlich in Kauf nahmen, damit pflichtwidrig „auf volles Risiko“ das
Projekt betrieben und im Begriffe waren und sind, dem Bahnkonzern einen Schaden in Höhe
von mehreren Milliarden Euro zuzufügen, der nur durch eine intelligente Umnutzung eines
großen Teils der bisherigen Investitionen („Umstieg 21“) einzudämmen und zu begrenzen
ist. Der bisher objektiv angerichtete Schaden dürfte zweifellos Hunderte Millionen Euro
ausmachen. Das ist – sieht man im vergleichbaren Betrugsfall auf die Regelgrenze von
„Vermögensverlusten großen Ausmaßes“ von 50.000 Euro (vgl. Fischer, StGB-Kommentar,
61. Auflage, § 263 Rn 215 a) - ganz sicher ein besonders schwerer Fall der Untreue, der den
Strafrahmen der Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren ergibt und damit
sofortige Ermittlungen wegen des Tatverdachts der Untreue unerlässlich macht.
Das vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. Jens Bülte vom 12.04.2018 und das Votum
des BGH-Richters a. D. Wolfgang Neskovic erhalten durch den genannten Sachverhalt eine
wesentliche Bekräftigung. In relevanter Weise kommt sie auch vom Zeugen Dr. Hartmut
Bäumer als ehemaligem Amtschef des Verkehrsressorts BW („Verschweigen und
Herunterreden von Fakten und Risiken“, siehe StZ vom Dez. 2017, wie benannt).
Damit ist es unaufschiebbar, dass die Generalstaatsanwaltschaft ihres Amtes waltet und es
aufgrund der erhobenen Beschwerden gegen die Verfahrenseinstellungen zu intensiven
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin gegen die Entscheidungsträger der DB AG
kommt.
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